Friday, 1. June 2007

Beim italienischen Notar

Category: Mein Referendariat,Neapel — Julia @ 09:40

Gestern hat mich mein Ausbilder, Giovanni, mit zu einem Notartermin genommen. Es sollte ein Kaufvertrag über ein Grundstück auf Capri abgeschlossen und beurkundet werden. Der Käufer, ein Finne, hatte die Kanzlei bevollmächtigt, ihn in dem Termin zu vertreten.

Ich muss gestehen, dass ich bisher nicht einmal in Deutschland beim Notar war. Während unserer Ausbildung hat uns ein Notar lediglich eine Einführung zum Thema Vertragsgestaltung gegeben. Aus Erzählungen weiß ich, dass der deutsche Notar den Vertrag in der Regel runterrattert und dass man – erst recht als juristischer Laie – längst nicht alles versteht. So ähnlich war das gestern: Obwohl ich den Vertragsentwurf vor mir liegen hatte, hatte ich große Schwierigkeiten zu folgen. Das lag sicherlich zum Teil auch daran, dass ich nicht so gut Italienisch spreche. Aber ich hatte den Eindruck, dass die Notarin ganze Wörter übersprang. Die Neapolitaner sind im Schnellsprechen und Silbenverschlucken sowieso Meister – das machen sie auch im Alltag.

Das beurkundete Original sah dann doch etwas anders aus als bei uns: Es wurde auf liniertem Papier gedruckt, gestempelt und lediglich mit einer Papierkante versehen, welche links an die Seiten geheftet wurde. Die Urkunde machte also nicht so viel her wie in Deutschland, wo sie mit einer feinen Kordel zusammengehalten und einem schicken Siegel versehen wird.

Insgesamt war ich aber sehr angetan von der Notarin, denn sie hat wirklich gute Arbeit geleistet. Ein Passus im Vertrag gefiel ihr nicht, da er zu große Risiken für den finnischen Käufer barg. Der Verkäufer wollte für sich sowie tutta la famiglia für kommende Generationen das Recht sichern, auf dem Grundstück ein Auto parken zu dürfen. Die Notarin äußerte ihre Bedenken über die Weitläufigkeit der Klausel, beriet die Parteien und machte sich für eine andere, eingeschränkte Formulierung stark. Sie war ihr Geld also wert.

Monday, 28. May 2007

Diebstahlsanzeige

Category: Mein Referendariat,Neapel — Julia @ 09:05

Die Italiener haben mir meine Feiertage geklaut! Nachdem ich an Christi Himmelfahrt vor gut 10 Tagen arbeiten musste, muss ich auch heute, am Pfingstmontag, zur Arbeit. Und das ist nicht der letzte Feiertag, der mir durch die Finger geht, denn auch an Fronleichnam (07.06.) ist hier ein normaler Arbeitstag. Das erstaunt mich umso mehr, da Italien weitaus stärker von der katholischen Kirche geprägt ist als Deutschland.

Letztendlich ist es aber halb so schlimm, weil mir das Arbeiten hier Spaß macht und die Kollegen sehr nett sind. Außerdem wird’s heute sicher ganz abwechslungsreich, denn ein Fotograf wird Portraitfotos für den neuen Kanzleiauftritt im Internet machen.

Friday, 4. May 2007

Studio Legale Scognamiglio

Category: Mein Referendariat,Neapel — Julia @ 22:36

Meine ersten drei Tage beim Studio Legale Scognamiglio liegen nun schon hinter mir. Diese mittelständische Kanzlei liegt in der Nähe der via Toledo, am Rande der Quartieri Spagnoli, also mitten im pulsierenden Neapel: Fisch- und Gemüsegeschäfte präsentieren ihre Waren, auf der Straße wird lautstark Musik abgespielt und die Angestellten der umliegenden Bars laufen eilig mit Tabletts umher, um caffè in kleinen Pappbechern in die Büros zu bringen.

Giovanni Scognamiglio, der Gründer der Kanzlei, ist noch angenehm jung und ambitioniert. So auch die anderen Anwälte/-innen. Außer mir ist zurzeit noch ein weiterer deutscher Referendar in der Kanzlei, und demächst kommt eine Praktikantin aus China.

Bisher hatte ich unter anderem die Gelegenheit, mich ein wenig in das italienische Rechtssystem einzulesen und bei einer Vertragsgestaltung in englischer Sprache mitzuwirken. Mit den Kollegen unterhalte ich mich manchmal auf Italienisch, meist jedoch auf Englisch, da mir doch noch so einige Vokabeln fehlen. Das Gewicht wird sich dann hoffentlich zum Ende meines Aufenthalts hier zum Italienischen verlagern!

Mein Konsum an caffè nähert sich jedoch schon jetzt demjenigen eines Italieners. In der Kanzlei trinke ich täglich vier caffè, und damit liege ich wohl eher im unteren Bereich hier. Im Durchschnitt trinkt der Italiener, hab ich mir sagen lassen, sechs caffè täglich. Der caffè schmeckt hier aber auch unwiderstehlich gut!