Wednesday, 4. July 2007

Mit der Polizia Communale durch die Sanità

Category: Neapel — Julia @ 23:48

Sanità ist ein Viertel in Neapel am Fuße des Hügels Capodimonte, in etwa nördlich der via Cavour, und zählt neben Forcella angeblich zu den Hochburgen der Camorra. Ganz zu Beginn meiner Zeit in Neapel war ich bei einem Streifzug durch die Straßen schon einmal in einem Teil dieses Viertels gelandet.

Sanità-viertel

Damals hatte mich ein Fischhändler gewarnt und meinte, ich solle die Gegend besser meiden, sie sei zu gefährlich.

Am Sonntag war ich nun gemeinsam mit einem neapolitanischen Bekannten auf dem Weg zum Capodimonte (ehemaliges königliches Jagdschloss und heute bedeutendes Museum). In Verlängerung der via Toledo läuft man über eine Brücke, die das Zentrum mit Capodimonte verbindet. Raffaele schwärmte er mir beim Anblick der Chiesa Santa Maria della Sanità derart von dieser Kirche vor, dass wir unsere Pläne kurzfristig änderten und den Aufzug von der Brücke hinab ins Sanità-Viertel nahmen.

Dies ist der Blick von der Brücke aus auf die via Fontanelle:

Sanità

Dieses Foto, das ich durch ein engmaschiges Gitter hindurch geschossen habe, sieht eigentlich ganz harmlos aus. Mein Bekannter war aus Sorge um meine Kamera (oder um sich selbst?) jedoch derart nervös, dass ich ihm versprechen musste, die Kamera in den Straßen der Sanità in meiner Tasche zu lassen.

Angesichts der zahlreichen Kirchen in Neapel wird man nach einiger Zeit zwar ein wenig der Kirchenbesichtigungen überdrüssig. Santa Maria della Sanità hat mich aber deswegen begeistert, weil man durch einen Eingang hinter dem Alter in die einstige Grabeskirche und ihre Katakomben gelangt. Diese sind lediglich mit einer Führung zu besichtigen, was insgesamt allerdings nur 5,- Euro kostet und sich auf jeden Fall lohnt – vor allem wenn man Italienisch versteht.

Da wir nun schon einmal nicht allzu weit vom Cimitero delle Fontanelle entfernt waren, haben wir uns auch diesen angeschaut. Dabei handelt es sich um eine in Tuffstein geschlagene Krypta, in der Schädel und Knochen aus längst vergangener Zeit verwahrt werden. Ein Totenkult, der auf den ersten Blick wegen des Anblicks zahlreicher Gebeine und Totenschädel etwas befremdlich wirkt, der meines Erachtens aber einen natürlichen Umgang mit den Toten darstellt.

Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass wir wirklich Glück hatten: dieser außergewöhnliche Friedhof ist erst seit etwa einem Jahr wieder für die Öffentlichkeit zugänglich, jedoch nur samstags und sonntags von 10 bis 13 Uhr, laut website der Stadt auch nur zwischen dem 2. Juni und dem 8. Juli. (Hier findet man auch noch interessante alte Fotos von der Zeit vor der Restaurierung). Der Eintritt war frei, und wir konnten uns sogar noch einer Führung anschließen. Der Guide nahm sich viel Zeit, war mit Begeisterung dabei und erzählte uns geheimnisvoll die Geschichte eines der Schädel, desjenigen des Capitano.

Cimitero delle Fontanelle

Am Ende der Führung kam ich ins Gespräch mit Mitarbeitern der Polizia Communale, so einer Art Stadtpolizei, die u.a. das Gelände absichert. Sie meinten, es sei zu gefährlich für uns, durch die Sanità zu laufen – vor allem mit meiner Kamera. Sie boten uns daher an, uns aus dem Viertel “hinauszuchauffieren”, was ich dann – nun doch ein wenig besorgt – dankend annahm. Und so konnte ich das so verrufene Viertel durch die Fensterscheibe des Polizeiwagens hindurch in Ruhe betrachten.

Die Polizisten waren sogar so nett, uns gleich bis zum Capodimonte zu bringen. Letztendlich hatte ich also doch noch Gelegenheit, mich in dem riesigen Kunstmuseum sowie dem Park umzuschauen.

5 Comments »

  1. Ich kann mir eigentlich gar nicht vorstellen, daß wirklich hinter jedem Busch, in jedem Hauseingang, ein Handtaschen,-oder Kameraräuber lauert.
    Halte das alles für etwas übertrieben…
    Aber vielleicht irre ich mich auch….

    Comment by Oliver — Friday, 6. July 2007 @ 20:43

  2. Zu Beginn habe ich tatsächlich jeden Rollerfahrer für einen potentiellen Taschenräuber gehalten. Inzwischen bin ich auch gelassener, zumal sowohl ich als auch all meine bisherigen Besucher verschont geblieben sind.

    Dennoch kann es nicht schaden, achtsam zu sein. Immerhin habe ich einmal miterlebt, wie zwei Jungs auf einem Roller einer spanischen Touristin die Kamera während des Fotografierens aus der Hand gerissen haben.

    @Vito Corleone, per quanto riguarda l’articolo sul Cilento: Ecco fatto!

    Comment by Julia — Monday, 9. July 2007 @ 19:19

  3. Nur so viel:
    In der Sanita verdient (fast)niemand sein Geld mit legaler arbeit.

    Comment by Nico — Monday, 12. May 2008 @ 16:53

  4. hallo, hab deine seite mit begeisterung gesehen und gelesen. mein vater ist in der sanita geboren, und seit 96 tot. ich bin 41 , bin in deutschland geboren. weiss gar nichts von ihm. es ist so traurig! danke dir für diese seite.

    Comment by franco — Monday, 1. December 2008 @ 23:19

  5. Mittlerweile hat sich die Situation im Sanita-Viertel meiner Meinung nach deutlich verbessert. Wir waren Ende Juni 2011 dort und haben im Hotel Casa del Monacone übernachtet.( ein Teil des ehemaligen Dominikanerklosters direkt neben der Kirche Santa Maria della Sanita. Die Menschen waren alle sehr nett, Verkehr gräßlich aber wir haben uns insgesamt nicht gefährdet gefühlt.

    Comment by Bernhard — Tuesday, 28. June 2011 @ 11:10

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