Thursday, 12. July 2007
Wenn ich in Italien wählen dürfte, würde ich sicherlich nicht Forza Italia meine Stimme geben, aber da Silvio Berlusconi heute auf dem Piazza Plebiscito in Neapel aufgetreten ist, wollte ich mir das Spektakel wenigstens anschauen und hab mich unter die vielen Berlusconi-Anhänger gemischt. Der Platz war voll – und er ist wirklich nicht klein! Das erstaunte mich doch etwas, da Neapel und auch die Region Kampanien vom Mitte-Links-Bündnis regiert werden.
Bis der ehemalige Ministerpräsident sich blicken ließ, musste ich mich jedoch fast zwei Stunden gedulden. In der Zwischenzeit machten eine Band und Sänger mit Jazzklassikern und Latinosongs Stimmung. Je länger das Vorprogramm jedoch dauerte, desto ungeduldiger wurden die Silvio-Sprechchöre… schließlich mussten auch noch klassische neapolitanische Lieder wie “Turna a Surriento” herhalten, um die Masse bei Laune zu halten.
Als dann endlich Berlusconi auf die Bühne kam, brachen Begeisterungsstürme aus. Die Partei hatte vorher kräftig Flaggen verteilt. Ein Fahnenmeer, Transparente, grölende Leute… eine Atmosphäre wie im Stadion beim SSC Napoli.
Berlusconi hat hauptsächlich mit einfachen Phrasen negative Stimmung gemacht gegen Iervolino Russo (Bürgermeisterin Neapels), Bassolino (Präsident der Region Kampaniens), Prodi sowie die Regierung im Allgemeinen. Die Forderung nach Bekämpfung der illegalen Einwanderung und die Anprangerung zu hoher Steuern kamen gut an. Natürlich hat er noch einmal seine absurde Meinung bekräftigt, dass das Ergebnis der letzten Parlamentswahl falsch sei. Inhaltlich hat er allerdings nicht sehr viel gesagt.
Monday, 9. July 2007
Vor drei Wochen bin ich zum ersten Mal mit dem Auto im Straßenverkehr von Neapel gefahren… und es ist zum Glück alles gut gegangen. Zugegebenermaßen war’s keine wirklich schwierige Sache, denn zum einen war Wochenende und zum anderen waren es von der Garage der Autovermietung bis zur Autobahnauffahrt nur wenige Meter. In Bahnhofsnähe befinden sich mehrere Autovermietungen. Die angeblich günstigste (Maggiore) haben wir jedoch nicht auf Anhieb gefunden und sind statt dessen bei Hertz gelandet.
Unser Ziel: das Cilento, eine Landschaft noch südlich von Paestum. Bevor wir (das sind meine Ma und mein Bruder) jedoch das Cilento erreichten, sind wir nach der Abfahrt von der Autobahn (Eboli) zunächst schnurstraks zum Meer durchgefahren. Nicht, weil wir einen großartigen Strand erwarteten, sondern eher, um uns ein wenig im Meer zu erfrischen und dem Reiseverkehr am Samstagmorgen zu entgehen. Das Meer war herrlich wild und die Wellen hoch. Nur die Strandwacht pfiff uns zurück und hielt uns davon ab, weiter hinauszuschwimmen, angeblich zu viel seitliche Strömung.
Das Küstenörtchen Santa Maria di Castellabate, nicht weit hinter Agropoli, war dann unser nächster Stopp. Dort war das Meer bedeutend ruhiger, aber leider war das Baden sehr mühsam, da der Weg ins Wasser wegen der vielen Steine und der Brandung nicht besonders leicht war. Nichts für Kinder und ältere Leute! Stattdessen gab´s in der Strandbar aber hervorragenden Kuchen.
Weiter ging´s dann Richtung Acciaroli, um uns von dort über schmale Bergstraßen und die süßen Bergdörfer Cannicchio, Pollica und Celso bis nach San Mauro durchzuschlagen.
Auf den Tipp meines Vermieters steuerten wir direkt die Cooperativa “Al Frantoio”, eine Genossenschaft der Ölbauern, wo wir zu Abend aßen. Im riesigen, gemütlich urigen Speisesaal geht es lebhaft her, die Kellner laufen sich die Hacken ab. Das Essen war super lecker, ausgefallen und bezahlbar. Ich habe mir sogar ausnahmsweise ein Primo, ein Secondo sowie ein Dolce gegönnt, was ich sonst nie mache. Der offene Wein kam aus der Umgebung und war ebenfalls gut und günstig.
Eine Mitarbeiterin der Cooperativa hatte uns zuvor netterweise eine Unterkunft für die Nacht besorgt, die wir nach kleinen Irrungen (und Verirrungen über holprige Feldwege) auch fanden: eine einfache, aber wirklich zauberhafte Unterkunft (25 Euro inkl. Frühstück, p.P. in der Nebensaison), in der uns eine nette, junge Familie mit Herz betreute. Das Frühstück war eher italienisch (caffè, cappuccino, frisch gepresster O-Saft und Croissant) und hat völlig ausgereicht.
Dies ist der Blick von der Terrasse unseres Zimmers bei Le tre Querce in San Mauro:
San Mauro selbst ist auch ein nettes, kleines, verschlafenes Dorf:
In nur kurzer Zeit haben wir die Bekanntschaft mit einigen Dorfbewohnern gemacht, durften gar einen Blick in einen Hinterhof werfen. Der Pfarrer der Dorfkirche lud uns ein, seine Kirche anzuschauen und zeigte uns begeistert die kleinen Schätze in Kirche und Sakristei.
Und was für eine Aussicht die Kicker von San Mauro doch haben!
Bei unserer Fahrt hinab zur Küste hielten wir in Cannicchio an. Dieses Bergdorf kam mir noch kleiner und verträumter vor. Wir trafen kaum Leute in den Gassen an. Der alte Herr, der erfreut war, mit Fremden zu plaudern, wurde von seiner Frau ungeduldig zum Essen gerufen.
Und so setzten wir schließlich unsere Fahrt zum Küstenort Acciaroli fort. Auch von Acciaroli war ich ganz begeistert, denn der Ort war zum Glück nicht so arg überlaufen (das mag aber auch an daran liegen, dass noch Nebensaison war). Wir gönnten uns einen Sonnenschirm am Privatstrand links vom kleinen Hafen und konnten so auf feinem weißem Sand sonnen, faulenzen und im klaren, ruhigen Meer baden. Sonderlich tief wurde das Meer zwar nicht, aber dafür musste man beim Einstieg keine lästigen Steine überwinden. Mir schien es, dass nur Italiener am Strand waren. Herrlich, sie zu belauschen!
Der Rückweg nach Neapel war ein wenig nervig, da wir vor allem auf der Landstraße, dem Autobahnzubringer, in den Rückfahrverkehr geraten sind und nur im Stop-and-Go vorankamen. Das hätten wir uns eigentlich denken können, aber irgendwie konnten wir uns doch nicht so früh vom Strand trennen. Besonders ärgerlich war dabei, dass unglaublich viele Italiener sich nicht schön brav auf der einspurigen Straße ihrem Schicksal ergeben haben, sondern auf dem Randstreifen rechts sowie der Gegenspur links ständig überholt haben.
Aber auch ohne Drängelei sind wir zwar verspätet, aber gut wieder in Neapel angekommen. Wie gut, dass die Garage von Hertz noch geöffnet hatte und uns keinen Ärger machte!
Was für ein Glück auch, dass in meiner Nachbarschaft (Via dei Tribunali) wenigstens noch die Pizzeria Decumani geöffnet hatte, die uns ausgehungerten Reisenden auch kurz vor Mitternacht noch eine Pizza gebacken hat. Ein krönender Abschluss eines erlebnisreichen Wochenendes.
(Beim Klick auf eines der Bilder kann man weitere Fotos vom Cilento sehen.)
Wednesday, 4. July 2007
Sanità ist ein Viertel in Neapel am Fuße des Hügels Capodimonte, in etwa nördlich der via Cavour, und zählt neben Forcella angeblich zu den Hochburgen der Camorra. Ganz zu Beginn meiner Zeit in Neapel war ich bei einem Streifzug durch die Straßen schon einmal in einem Teil dieses Viertels gelandet.
Damals hatte mich ein Fischhändler gewarnt und meinte, ich solle die Gegend besser meiden, sie sei zu gefährlich.
Am Sonntag war ich nun gemeinsam mit einem neapolitanischen Bekannten auf dem Weg zum Capodimonte (ehemaliges königliches Jagdschloss und heute bedeutendes Museum). In Verlängerung der via Toledo läuft man über eine Brücke, die das Zentrum mit Capodimonte verbindet. Raffaele schwärmte er mir beim Anblick der Chiesa Santa Maria della Sanità derart von dieser Kirche vor, dass wir unsere Pläne kurzfristig änderten und den Aufzug von der Brücke hinab ins Sanità-Viertel nahmen.
Dies ist der Blick von der Brücke aus auf die via Fontanelle:
Dieses Foto, das ich durch ein engmaschiges Gitter hindurch geschossen habe, sieht eigentlich ganz harmlos aus. Mein Bekannter war aus Sorge um meine Kamera (oder um sich selbst?) jedoch derart nervös, dass ich ihm versprechen musste, die Kamera in den Straßen der Sanità in meiner Tasche zu lassen.
Angesichts der zahlreichen Kirchen in Neapel wird man nach einiger Zeit zwar ein wenig der Kirchenbesichtigungen überdrüssig. Santa Maria della Sanità hat mich aber deswegen begeistert, weil man durch einen Eingang hinter dem Alter in die einstige Grabeskirche und ihre Katakomben gelangt. Diese sind lediglich mit einer Führung zu besichtigen, was insgesamt allerdings nur 5,- Euro kostet und sich auf jeden Fall lohnt – vor allem wenn man Italienisch versteht.
Da wir nun schon einmal nicht allzu weit vom Cimitero delle Fontanelle entfernt waren, haben wir uns auch diesen angeschaut. Dabei handelt es sich um eine in Tuffstein geschlagene Krypta, in der Schädel und Knochen aus längst vergangener Zeit verwahrt werden. Ein Totenkult, der auf den ersten Blick wegen des Anblicks zahlreicher Gebeine und Totenschädel etwas befremdlich wirkt, der meines Erachtens aber einen natürlichen Umgang mit den Toten darstellt.
Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass wir wirklich Glück hatten: dieser außergewöhnliche Friedhof ist erst seit etwa einem Jahr wieder für die Öffentlichkeit zugänglich, jedoch nur samstags und sonntags von 10 bis 13 Uhr, laut website der Stadt auch nur zwischen dem 2. Juni und dem 8. Juli. (Hier findet man auch noch interessante alte Fotos von der Zeit vor der Restaurierung). Der Eintritt war frei, und wir konnten uns sogar noch einer Führung anschließen. Der Guide nahm sich viel Zeit, war mit Begeisterung dabei und erzählte uns geheimnisvoll die Geschichte eines der Schädel, desjenigen des Capitano.
Am Ende der Führung kam ich ins Gespräch mit Mitarbeitern der Polizia Communale, so einer Art Stadtpolizei, die u.a. das Gelände absichert. Sie meinten, es sei zu gefährlich für uns, durch die Sanità zu laufen – vor allem mit meiner Kamera. Sie boten uns daher an, uns aus dem Viertel “hinauszuchauffieren”, was ich dann – nun doch ein wenig besorgt – dankend annahm. Und so konnte ich das so verrufene Viertel durch die Fensterscheibe des Polizeiwagens hindurch in Ruhe betrachten.
Die Polizisten waren sogar so nett, uns gleich bis zum Capodimonte zu bringen. Letztendlich hatte ich also doch noch Gelegenheit, mich in dem riesigen Kunstmuseum sowie dem Park umzuschauen.