Gestern hat mich mein Ausbilder, Giovanni, mit zu einem Notartermin genommen. Es sollte ein Kaufvertrag über ein Grundstück auf Capri abgeschlossen und beurkundet werden. Der Käufer, ein Finne, hatte die Kanzlei bevollmächtigt, ihn in dem Termin zu vertreten.
Ich muss gestehen, dass ich bisher nicht einmal in Deutschland beim Notar war. Während unserer Ausbildung hat uns ein Notar lediglich eine Einführung zum Thema Vertragsgestaltung gegeben. Aus Erzählungen weiß ich, dass der deutsche Notar den Vertrag in der Regel runterrattert und dass man – erst recht als juristischer Laie – längst nicht alles versteht. So ähnlich war das gestern: Obwohl ich den Vertragsentwurf vor mir liegen hatte, hatte ich große Schwierigkeiten zu folgen. Das lag sicherlich zum Teil auch daran, dass ich nicht so gut Italienisch spreche. Aber ich hatte den Eindruck, dass die Notarin ganze Wörter übersprang. Die Neapolitaner sind im Schnellsprechen und Silbenverschlucken sowieso Meister – das machen sie auch im Alltag.
Das beurkundete Original sah dann doch etwas anders aus als bei uns: Es wurde auf liniertem Papier gedruckt, gestempelt und lediglich mit einer Papierkante versehen, welche links an die Seiten geheftet wurde. Die Urkunde machte also nicht so viel her wie in Deutschland, wo sie mit einer feinen Kordel zusammengehalten und einem schicken Siegel versehen wird.
Insgesamt war ich aber sehr angetan von der Notarin, denn sie hat wirklich gute Arbeit geleistet. Ein Passus im Vertrag gefiel ihr nicht, da er zu große Risiken für den finnischen Käufer barg. Der Verkäufer wollte für sich sowie tutta la famiglia für kommende Generationen das Recht sichern, auf dem Grundstück ein Auto parken zu dürfen. Die Notarin äußerte ihre Bedenken über die Weitläufigkeit der Klausel, beriet die Parteien und machte sich für eine andere, eingeschränkte Formulierung stark. Sie war ihr Geld also wert.