Friday, 29. June 2007
Zum Glück hat es sich in Neapel inzwischen etwas abgekühlt, so dass am kommenden Wochenende “nur” ca. 29 Grad erwartet werden. Am vergangenen Wochenende war es bei weit über 30 Grad in der Stadt kaum auszuhalten, so dass ich am Sonntag nach Procida, die kleinste der drei Inseln im Golf von Neapel, geflüchtet bin. Mit der Autofähre (Caremar, hin und zurück ca. 15 Euro) ist es zwar langsamer, aber etwas günstiger als mit dem Schnellboot.
Die Insel Procida ist glücklicherweise vom Massentourismus noch verschont geblieben. Natürlich ist es kein Geheimtipp, aber man trifft hauptsächlich Neapolitaner und Individualreisende. Schon im Hafen merkt man den Unterschied zur Marina Grande auf Capri: Ich hab mich bei einem Obsthändler zu zivilen Preisen mit Proviant versorgt, und die Preise in der Bar, in der ich einen caffé getrunken habe, waren mit denjenigen in Neapel vergleichbar.
Die Marina von Procida ist herrlich unglamourös, der abgeblätterte Putz der Häuser wirkt charmant und die kleinen Fischerboote im Hafen authentisch. Der kleine Ort lädt wirklich zum Verweilen ein.
Dennoch wollte ich mich möglichst schnell im Meer erfrischen, so dass ich relativ zügig mit dem Bus zum Strand Pozzo vecchio gefahren bin. Der Weg zum Strand ist auch gut zu Fuß machbar, gut 30 Minuten. Pozzo vecchio hat inzwischen Berühmtheit erlangt, da dort Szenen des wirklich süßen Films “Il Postino” (Der Postmann) von und mit Massimo Troisi sowie mit Philippe Noiret gedreht wurden. Auch noch weitere Szenen des Films wurden auf Procida gedreht, worauf die Inselbewohner sehr stolz sind.
Der Strand hat mir super gut gefallen: schnuckelige Bucht, Sandstrand (leider schwarzer Sand, was den Nachteil hat, dass er bei großer Hitze glühend heiß wird), kostenlos (sofern man auf Sonnenschirm und Strandliege verzichtet), sauberes Wasser, leichter Zugang zum Wasser (nur einige Steine während der ersten zwei Meter, danach angenehmer Sandboden). Im Abendlicht hat der Strand – wie so viele Strände – eine ganz besondere Atmosphäre:
Leider musste ich zusehen, die letzte Fähre nach Neapel um 20 Uhr zu bekommen, jedoch nicht, ohne vorher in der Strandbar noch eine erfrischende Granita di limone (Zitronensaft mit viel crushed ice) zu löffeln.
Wednesday, 27. June 2007
Bevor die Sommerpause im Teatro San Carlo anfängt, wollte ich wenigstens eine Oper dort gesehen und gehört haben. Immerhin ist es das älteste Bühnenhaus Europas und hat einen guten Ruf. Für Studenten und Leute unter 30 gibt es ab einer Stunde vor Beginn der Aufführung Last-Minute-Eintrittskarten für nur 15 Euro (ich gebe zu, dass ich ein wenig gefuscht habe, alla napoletana, wie meine Kollegen meinten). Ich habe also mit einer Loge in der fünften von sechs Etagen Vorlieb nehmen müssen: Vogelperspektive. Aber das war für mich als nur gelegentliche Operngängerin völlig ausreichend. Ich empfand es schon als etwas Besonderes, in einer Loge zu sitzen und hatte von oben immerhin einen hervorragenden Überblick:
So konnte ich während der Vorführung auch mal meinen Blick in den Orchestergraben und ins Publikum schweifen lassen: ein Meer lauter Fächer. Selbst einige pausierende Musiker fächerten sich mit ihren Noten Luft zu. Es war wirklich ziemlich warm im Saal.
Die Handlung von Verdis “La Traviata” (wörtlich: Die vom Weg Abgekommene) ist – wie die meisten Opern – in nur wenigen Sätzen erzählt: Er ist aus gutem Hause, sie ist eine Edel-Prostituierte. Sie lieben sich, jedoch ist sein Vater dagegen, so dass sie ihren Geliebten unter falschem Vorwand verlassen muss. Sie erkrankt schwer und stirbt langsam. Jedoch noch vor ihrem Tod finden die Liebenden zueinander.
Die Inszenierung wurde zwar von einigen Leuten kräftig ausgebuht (vielleicht war´s ihnen zu traditionell), aber die Opernsänger und die Musiker wurden begeistert beklatscht. Mir selbst hat der Operabend insgesamt extrem gut gefallen. Das Ambiente ist kaum zu schlagen. In den beiden Pausen zwischen den Akten kann man im großen Garten Luft schnappen, mit Blick auf das Castel Nuovo. Oder man flaniert im Foyer und in den Gängen umher, kann sogar einen Blick in die Königsloge werfen. Die Karte für 15 Euro war also ein Schnäppchen, so dass ich mir nach der Vorführung im gegenüberliegenden traditionellen Kaffeehaus Gambrinus noch einen Shekerato (eine Art Espresso-Shake, also Mini) für halsabschneiderische 4 Euro gegönnt habe.
Monday, 11. June 2007
Un pazzesco! Ganz Napoli war gestern aus dem Häuschen, als um gegen 17 Uhr feststand, dass gli azzurri in die Serie A aufgestiegen sind. Nach sechs Jahren, zwischenzeitlich sogar in der dritten Liga, der Serie C, haben sie es endlich wieder zurück in die Königsliga des italienischen Fußballs geschafft. Dies erstaunt umso mehr, da der Verein vor drei Jahren noch pleite war.
Bis zum letzten Spieltag gestern war es noch super spannend. Napoli benötigte mindestens ein Unentschieden für einen sicheren Aufstieg, was gegen den Gegner Genoa gar nicht so selbstverständlich war. Daher waren die Straßen Neapels gestern nach dem Anpfiff um 15 Uhr fast wie ausgestorben. Die Geschäftsleute hatten ihre Läden, Bars und Restaurants überwiegend ab Nachmittag geschlossen. Viele Neapolitaner zogen sich in ihre Häuser zurück, um dort am heimischen Fernseher die Partie zu verfolgen. Einige andere hatten sich vor den wenigen geöffneten Bars um den Fernseher versammelt. Wiederum andere waren ins Stadion “San Paolo” gefahren, wo für die Fans eine Großleinwand aufgebaut war.Schon während der Partie wurde wild geknallt, zwei Mal hörte ich laute Freudenschreie, so dass ich dachte, Napoli sei in Führung gegangen. Dabei hieß es am Ende 0:0, was ja für Napoli ausreichte. Übrigens auch für Genoa, die mit ein wenig Glück als Dritter ohne Playoff aufsteigen.
Mit dem Abpfiff war es mit der Ruhe in der Stadt vorbei. Laute Knaller schallten durch die Gassen, die mich regelrecht zusammenschrecken ließen. Nach und nach schwangen sich die Leute auf ihre Roller, setzten sich in und auf ihre Autos, bevölkerten hupend und trötend die Straßen. Zu dritt, zu viert, sogar zu fünft (dann allerdings mit Kindern) auf den Rollern war keine Seltenheit. Die Stadt geriet in einen Freudentaumel und versank in den Farben hellblau und weiß: riesige Fahnen wurden geschwenkt, geschminkte Gesichter, blaue Perrücken, blau angemalte Autos, Maskottchen auf den Autos.
Hier sind einige Eindrücke:
(mehr Fotos sieht man bei flickr, wenn man auf eines der Fotos klickt).
Ich habe selten so viele glückliche, freudestrahlende, ausgelassene Menschen auf einem Haufen gesehen. Diese Freude war so ansteckend, dass ich den Fans begeistert zurückwinkte!
Die Roller- und Autocorsos schienen gar nicht abzureißen, sondern sogar immer mehr zu werden. Wer zum Flughafen wollte (wie auch mein Besuch aus Deutschland) war gut beraten, ab dem Bahnhof ein Taxi zu nehmen, da auch der Flughafenbus nicht mehr durch die blockierten Straßen kam. Die Party ging für viele noch bis tief in die Nacht weiter. Man hörte und sah unzählige Klein-Feuerwerke. Selbst um 02.30 Uhr noch! Unglaublich! Solche passionierten Fans wie Napoli hat wohl kaum ein anderer Verein.
Nachtrag: Wer auch mal hören will, was gestern auf Neapels Straßen los war, kann sich hier noch zwei Kurzfilme anschauen/-hören, die ich mit meiner Kleinbildkamera gemacht habe:
Piazza Garibaldi
Piazza Bovio
Saturday, 9. June 2007
Am kommenden Sonntag, also morgen, ist der letzte Spieltag der Serie B in Italien. Nach dem Sieg letzte Woche gegen Lecce ist Napoli inzwischen auf Platz 2 vorgerrückt, dicht gefolgt von Genua. Die Serie A ist für Napoli also in greifbare Nähe gerückt. Dennoch wird das morgen für die azzurri alles andere als ein Kinderspiel, denn der Gegner heißt ausgerechnet Genua, und darüber hinaus wird auswärts gespielt.
Die neapoletanischen tifosi sind sich aber sicher, dass Napoli den Sprung in die Serie A schafft. Die Straßen der Stadt sind bereits in den Vereinsfarben hellblau und weiß geschmückt.
Wenn’s also klappt, wird ganz Neapel morgen Kopf stehen.
Thursday, 7. June 2007
Nach einem guten Monat in Neapel fühle ich mich tatsächlich etwas heimisch hier. Das verdanke ich zum großen Teil den Neapolitanern. Diejenigen, die ich bisher kennengelernt habe, sind nämlich extrem freundlich, fast schon familiär.
Die Geschäftsleute, zum Beispiel. Natürlich wollen sie Geschäfte machen, so dass es dazu gehört, freundlich zu sein. Und natürlich komme ich leicht mit ihnen ins Gespräch, da ich mit meinem Akzent auffalle, sobald ich drauflos plapper. Dann kommt nämlich immer schnell die Frage: “Di dove sei?”. Wenn ich dann preisgebe, dass ich Deutsche bin, schließen sich fast immer weitere Fragen an: Was ich denn hier mache, wie lange ich schon hier bin, wie lange ich bleibe, wie mir die Stadt gefällt usw. Zum Glück geht das Gespräch dann immer auf Italienisch weiter – was vermutlich daran liegt, dass die Geschäftsleute hier in der Regel (wenn überhaupt) nur sehr schlecht Englisch sprechen können.
Man wird übrigens in der Regel von Anfang an geduzt, was die Distanz und Förmlichkeit sofort angenehm verringert.
Die wohl markanteste Eigenschaft der Neapolitaner ist ihre Neugierde. Da die Geschäfte hier überwiegend sehr klein sind, und da die Napolitaner sehr gesellig sind, stehen die Geschäftsleute (sofern keine Kundschaft da ist) immer draußen auf der Straße, beobachten das Treiben und halten hier und da einen kleinen Plausch. Das ist sehr angenehm, denn so kenne ich inzwischen einige Leute in meiner Nachbarschaft sowie in der Straße, in der sich meine Kanzlei befindet.
Gleich nach meinem ersten Arbeitstag in der Kanzlei beispielsweise habe ich mich in die Hände einer napoletanischen parrucchiera (Friseurin) begeben. Die schon etwas ältere Dame, Elisa, und ihre junge Angestellte, Anna, waren hoch erfreut, eine deutsche Kundin zu haben und fragten mich neugierig aus.
Ein anderes Mal habe ich mich in einem Laden umgeschaut, der Limonè heißt und alle möglichen Produkte aus Zitronen und Limetten herstellt (via dei Tribunali). Der Inhaber zeigte mir stolz, wie er den Limoncello, einem für diese Gegend typischen digestivo, herstellt. Außerdem ließ er es sich nicht nehmen, mir eine kleine Geschichtsstunde über den griechischen Ursprung Neapels zu geben.
Die Spielzeugwaren-Verkäuferin, bei der ich letztens anlässlich der Geburtstagsfeier für die Kinder meines Chefs Geschenke gekauft habe, meinte: “Du bist doch bei dem Anwalt. Ich mach dir einen guten Preis.” (Der Rechtsanwalt Scognamiglio heißt hier in der Straße übrigens nur avvocato. Dann weiß schon jeder Bescheid.)
Ein Blumenhändler in meiner Nachbarschaft diskutierte mit mir über die Qualität der Rosen aus Deutschland. Mein fast schon Stamm-Gemüsehändler gab mir letztens noch einen Bund Basilikum dazu. Die Kassiererin der Kaffeebar Di Lorenzo, bei der unser Studio Legale den caffè bestellt, winkt mir manchmal freudig zu.
Und so könnte ich noch viele weitere Beispiele nennen. Obwohl Neapel eine Großstadt ist, kommt die Stadt mir manchmal vor wie ein großes Dorf.
Monday, 4. June 2007
Letztens war ich zum ersten Mal in Italien im Kino. Bei mir in der Nähe ist das Modernissimo, ein relativ kleines Kino mit 4 Sälen. Fluch der Karibik und Spiderman 3 kamen schon deshalb nicht in Frage, da ich auf jeden Fall einen original italienischen Film sehen wollte. Meine Mitbewohnerin Eni und ich entschieden uns also für Notturno bus.
Notturno bus ist eine herrlich heitere Komödie von Davide Marengo, mit Giovanna Mezzogiorno und Valerio Mastandrea in den Hauptrollen. Die Protagonistin Leila fuscht sich so durch’s Leben mit kleinen Diebstählen und Lügen. Als sie eines Nachts überraschend einen Koffer voller Geld und einen wichtigen Mikrochip erbeutet, gerät sie in die Quere von brutalen Kriminellen. Sie türmt mit einem Nachtbus und lernt dadurch den Busfahrer Franz kennen. Dieser lässt sich von Leila einspannen. Dadurch gerät aber auch er ins Visier der Gauner. Bis auf die Verfolgungsjagd per Bus hat mir der Film ganz gut gefallen. Ich habe auch erstaunlich viel verstanden – wenn auch nicht jedes Wort. Insgesamt ist es zwar kein unvergesslicher Film, aber auf jeden Fall sehr unterhaltsam.
Das Modernissimo selbst war vergleichbar mit einem deutschen Programmkino: kleiner Kinosaal und kleine Snackbar mit günstigen Getränken. Die Kinokarte kostete für mich 7 Euro, also wie bei uns. Eni brauchte nur 3 Euro zahlen, da sie noch einen Studentenausweis hatte. Super-günstig! In Köln und Bonn gibt es so einen Studentenrabatt leider nicht. Ich weiß nicht, wie das in anderen deutschen Städten ist.
Es gibt noch einen weiteren Unterschied zum deutschen Kino: der Film wurde etwa nach der Hälfte für ca. 5 Minuten unterbrochen. Raucherpause? Bei uns habe ich das nur bei extrem langen Filmen erlebt, wie beispielsweise “Herr der Ringe”. Bei einem Film von 104 Minuten finde ich das unnötig, sogar störend. Meine Kollegen haben mir später erzählt, dass eine Pause in kleinen Kinos in Italien üblich ist, nicht hingegen in den großen Kinokomplexen.
Friday, 1. June 2007
Gestern hat mich mein Ausbilder, Giovanni, mit zu einem Notartermin genommen. Es sollte ein Kaufvertrag über ein Grundstück auf Capri abgeschlossen und beurkundet werden. Der Käufer, ein Finne, hatte die Kanzlei bevollmächtigt, ihn in dem Termin zu vertreten.
Ich muss gestehen, dass ich bisher nicht einmal in Deutschland beim Notar war. Während unserer Ausbildung hat uns ein Notar lediglich eine Einführung zum Thema Vertragsgestaltung gegeben. Aus Erzählungen weiß ich, dass der deutsche Notar den Vertrag in der Regel runterrattert und dass man – erst recht als juristischer Laie – längst nicht alles versteht. So ähnlich war das gestern: Obwohl ich den Vertragsentwurf vor mir liegen hatte, hatte ich große Schwierigkeiten zu folgen. Das lag sicherlich zum Teil auch daran, dass ich nicht so gut Italienisch spreche. Aber ich hatte den Eindruck, dass die Notarin ganze Wörter übersprang. Die Neapolitaner sind im Schnellsprechen und Silbenverschlucken sowieso Meister – das machen sie auch im Alltag.
Das beurkundete Original sah dann doch etwas anders aus als bei uns: Es wurde auf liniertem Papier gedruckt, gestempelt und lediglich mit einer Papierkante versehen, welche links an die Seiten geheftet wurde. Die Urkunde machte also nicht so viel her wie in Deutschland, wo sie mit einer feinen Kordel zusammengehalten und einem schicken Siegel versehen wird.
Insgesamt war ich aber sehr angetan von der Notarin, denn sie hat wirklich gute Arbeit geleistet. Ein Passus im Vertrag gefiel ihr nicht, da er zu große Risiken für den finnischen Käufer barg. Der Verkäufer wollte für sich sowie tutta la famiglia für kommende Generationen das Recht sichern, auf dem Grundstück ein Auto parken zu dürfen. Die Notarin äußerte ihre Bedenken über die Weitläufigkeit der Klausel, beriet die Parteien und machte sich für eine andere, eingeschränkte Formulierung stark. Sie war ihr Geld also wert.